Kaub – einen ca. 900-Seelen-Ort in der Verbandsgemeinde Loreley – habe ich zunächst vor allem wegen seiner Fähranlegestation gekannt. Zum einen kann man hier ziemlich flott den Rhein überqueren, zum anderen fährt von Kaub aus das einzige Boot Besucher*innen zur Pfalzgrafenstein hinüber, die strömungsumspült mitten im Rhein thront. Doch Kaub hat weit mehr zu bieten, sodass sich ohne weiteres ein ganzer Tag mit Essen, Trinken, Besichtigungen und Spaziergängen füllen lässt.
Inhalte dieses Beitrags:
- Zollburg Pfalzgrafenstein (Fähranleger Kaub)
- Blücher Museum (Metzgergasse 6)
- Schiefermuseum (Metzgergasse 13)
- Tante-Emma-Laden „Tante Marion“ (Metzgergasse 17)
- Mittagessen in „Kaub Mitte“ (Marktstraße 5)
- Versteckte Treppen und Gassen (verschiedene Orte, z.B. Schlossweg)
- Kirsten Herolds Atelier-Café (Zollstraße 22)
- Bennos Truck Stop (Bundesstraße 42)
Pfalzgrafenstein – Die pittoreske Zollburg
Mit der kleinen Personenfähre, die direkt neben dem Anleger der Autofähre an- und ablegt, geht es zwischen Februar und November von Kaub aus hinüber zur 1327 erbauten Festung Pfalzgrafenstein. Ein Besuch auf der Zollburg ist im Grunde ein Muss. Selbst, wer sich wirklich kein Bisschen für Geschichte interessiert, wird es sehr genießen, sich für ein Stündchen hier, mitten auf dem Rhein, aufzuhalten und über das Wasser zu schauen. Je nach Pegelstand ist es auch möglich, über eine Steinbank zur Kauber Werth hinüberzulaufen.
Ich empfehle allerdings, sich auch das Innere der Festung anzuschauen, das zwar nicht durch Prunk beeindruckt – man darf nicht vergessen, dass die Pfalz ein Zweckbau ist und kein Schloss – dafür aber mit wirklich vielen Informationen zum Zollhandel der Pfalzgrafen und zur Geschichte der Region insgesamt.
Über Jahrhunderte diente die Festung verschiedenen Adelsgeschlechtern als Zollburg und wurde mehrfach um- und ausgebaut, bis sie schließlich mit dem barocken Turmdach endgültig ihr heutiges Aussehen erhielt.
Die rheinaufwärts gerichtete massive Spitze, die der Anlage die Anmutung eines großen Schiffs verleiht, diente übrigens der Absicherung gegen Eisgang. Auch, als auf dem Rhein keine Zölle mehr eingetrieben wurden, hatte die Pfalzgrafenstein noch einen Zweck: Bis in die 1960er diente sie als Signalstation für die Schifffahrt. Wer Lust hat, viel zu lesen und zu lernen, kann hier locker 2 Stunden verbringen.
Blücher Museum – Geschichtsstunde über die Befreiungskriege
Wieder zurück in Kaub geht es direkt weiter mit der Geschichtsstunde: Ich besuche das Blüchermuseum. Auch hier kann man Stunden verbringen, wenn man wirklich alles durchliest, denn die bereitgestellten Informationen haben den Umfang eines Romans.
Der Rundgang beginnt in verschiedenen Salons mit kunstvoller, romantischer Wandbemalung und eleganten Möbeln. Diese Räumlichkeiten, die der über-70-jährige Generalfeldmarschall Genhard Leberecht von Blücher während seines Feldzugs gegen Napoleon als Unterkunft nutzte, sind wirklich wunderschön!
Blücher kennen – ein überzeugter Soldat und Patriot – erlangte im Rahmen der Befreiungskriege gegen das napoleonische Frankreich u.a. mit seiner nächtlichen Rheinüberquerung in der Neujahrsnacht 1813/14 große Bedeutung.
Einen recht kleinen Teil der Ausstellung in diesen Räumen fand ich besonders interessant: Schmuck aus Eisen, den seinerzeit preußische Frauen als Entschädigung erhielten, weil sie unter dem Motto „Gold gab ich für Eisen“ Gold- und Silberschmuck, Diamanten oder gar ihr eigenes Haar hatten abgeben müssen, um den Krieg mitzufinanzieren.
Im nächsten Raum warten umfassende Informationen zum Aufstieg Napoleon Bonapartes und zu den weiteren politischen Entwicklungen bis zum Wiener Kongress am Ende der Befreiungskriege.
Die letzten zwei Räume schließlich befassen sich im Detail mit dem Kriegsgeschehen um 1812-1814.
Für meinen Geschmack finden sich im Blüchermuseum teilweise etwas wirre (Stichwort Besucherführung!) und nicht-barrierefreie Informationen (unterschiedliche und teils sehr kleine Schriftgrößen, keine fremdsprachigen Inhalte (die funktionieren auch auf der Website nicht), nicht-funktionierende QR-Codes). Hier würde ich mir wünschen, dass noch etwas nachgerüstet wird. Dennoch: eine wirklich lohnenswerte Ausstellung, die auch historischen Einsteiger*innen dabei hilft, die vielen Kriegsdenkmäler in der Region einzuordnen.
Schiefermuseum – Wissenswertes über einen historischen Wirtschaftszweig
Bei meinem sonntäglichen Besuch leider geschlossen, aber sicherlich einen Besuch wert: das Kauber Schiefermuseum schräg gegenüber des Blücher Museums. Ebenfalls ehrenamtlich betrieben vom Kauber Schiefer e.V. sind in diesem Bergbaumuseum Informationen zum Kauber Dachschieferbergbau sowie ein Archiv und eine Bibliothek zu finden.
Tante Marion – Der „Dorfladen“ mit Spezialangebot
Ein paar Meter weiter, bei Tante Marion, kann man allerhand kleine Snacks besorgen. Hier habe ich unter anderem die besten Apfel-Muffins gefunden, die ich je gegessen habe, und kleine, knusprige Gewürzrauten – „Haddekuchen“ genannt –, die an Printen und Spekulatius erinnern. Köstlich zu einer frischen Tasse Tee oder Kaffee, vor allem an usseligen Herbsttagen. Wenn es nicht usselig ist und Picknick-Lust aufkommt, versorgt „Tante Marion“ Ausflugsfreudige mit individuellen Picknickkörben.
Kaub Mitte – Gemütliches Weinbistro am Marktplatz
Zu Mittag lässt es sich gut im “Kaub Mitte” einkehren. So heißt ein kleines Restaurant in einem herrlich verwinkelten, halb verschieferten Spitzdachhäuschen, direkt am kopfsteingepflasterten Marktplatz. Wenn man draußen sitzt, kann man dem fröhlichen Plätschern des Brunnens zuhören, während man isst. Außerdem hat man Blick auf die (heute geschlossene) Hindenburg Apotheke mit historischen Arznei-Artefakten in den Schaufenstern und die evangelische Kirche St. Nikolaus.
Die Speisenauswahl ist modern und abwechslungsreich, mit vielen vegetarischen Varianten. Außerdem gibt es hausgemachte Kuchen und lokale Weine – also alles, was man für eine Stärkung braucht.
Kauber Gassen und der Kulturweg – Treppauf, treppab in Bewegung
Nach dem Essen muss erst mal verdaut werden. Da bietet sich ein kleiner Spaziergang durch Kaub an. Da der Ort nicht groß ist, ist die Richtung eigentlich egal. Ob an der Rheinpromenade entlang oder durch die Altstadt – man findet neben (leider) vielen Leerständen auch überall interessante Ecken und Dinge zum Schmunzeln.
Spannend für Leute, die gut zu Fuß sind, sind hier natürlich die kleinen engen Gässchen und Treppchen, beispielsweise am Schlossweg.
Hier kann man sich auch auf den Kauber Kulturweg begeben und bis zur Burg Gutenfels hinaufsteigen, die heute als Boutique-Hotel nur zahlenden Gästen vorbehalten ist. Egal – der Weg ist trotzdem hübsch.
Übrigens: Wer in Kaub unterwegs ist, befindet sich damit automatisch im historischen Freistaat Flaschenhals, der im Zuge der Besatzung der Region nach dem 1. Weltkrieg entstand: Die Alliierten teilten sich die zu besetzenden Territorien im Umland versehentlich so ein, dass ein flaschenhalsähnlicher „blinder Fleck“ zwischen Roßstein bei Kaub und Bodenthal bei Lorch übrigblieb. Umgeben von Besatzungsmächten konnten die Bewohner dieser unbesetzte Zone nur durch Schmuggel überleben – und erfanden sogar eine eigene Währung. Ein kurioses Stück Geschichte!
Wer mehr darüber erfahren möchte, erhält Informationen darüber im Buch „Der Freistaat Flaschenhals“ von Peter Josef Bahles & Stephanie Zibell, das u.a. im Weingut Bahles erhältlich ist. Sollte gerade niemand da sein, gibt es unweit des Eingangs aber auch Informationsbroschüren.
Atelier Kirsten Herold – Eine Oase für kreative Gemüter
Wieder zurück im Herzen Kaubs habe ich einen Ort gefunden, der mich besonders begeistert hat: das Atelier von Kirsten Herold. Die Bildhauerin kommt ursprünglich aus Wiesbaden und lebt mit ihrem Sohn seit einigen Jahren in einem großen Altbau auf der Zollstraße. Hier hat sie auch ihr Atelier, das sie an den Wochenenden in ein Mini-Café verwandelt. Als Künstlerin arbeitet sie heutzutage vor allem „am Stein“ wie sie sagt, betätigt sich aber auch als Buchbinderin und gibt ab und zu Workshops in diesem Handwerk.
Für große Reisegruppen ist der Raum, in dem drei Tischchen mit insgesamt sechs Sitzplätzen stehen, nicht gemacht. Dafür aber für Menschen, die gerne allein oder zu zweit einen Kaffee, ein gutes Gespräch oder auch einfach ein wenig Ruhe fernab der „Hotspots“ genießen möchten.
Sowohl Kirsten Herold als auch ihr Atelier strahlen eine angenehme Ruhe und Freundlichkeit aus – die alten Holzdielen, der große Papierschrank, die alten, grob verputzten Wände, das Bücherregal voller Kunstbände, die klugen stahlblauen Augen der Gaatgeberin hinter der markanten schwarz gerahmten Brille. Die ausgestellten Arbeiten, die man sich bei Kaffee und Kuchen in Ruhe anschauen kann, sorgen nicht nur für interessanten Gesprächsstoff, sondern geben auch Impulse zum Nachdenken. Ich hätte stundenlang hierbleiben können, mit einem Buch auf der rosa-gestreiften Biedermeier-Couch, die wie eine Einladung direkt gegenüber der Eingangstür steht.
Bennos Truck Stop – Kein Bier für Nazis
Nach Kaffee und Kuchen bei Kirsten Herold geht es für mich zu einem Ort, an dem ich schon ein paarmal neugierig vorbeispaziert bin: Benno’s Truck Stop. Zwei Dinge fallen mir beim Betreten der mit Schildern, Bildern und Biker-Accessoires vollgehängten Gastronomie sofort sympathisch auf: Ein Plakat, auf dem es heißt „Schöner leben ohne Nazis“ und eine handgeschriebene Tafel, die humorvoll, aber deutlich darauf hinweist, man solle doch bitte sein blödes Handy in der Tasche lassen.
Zweiteres ist für mich als Bloggerin natürlich ein bisschen schwierig, da es zu meinem Job gehört, Bilder von dem zu machen, was ich erkunde. Mir als Privatperson allerdings spricht das Schild aus der Seele. Ja, weg mit dem Ding. Bildschirme nehmen eh schon genug Zeit des Tages ein.
Die bereits langsam tiefer sinkende Sonne taucht alles in goldenes Licht, Bier und Wein in den Gläsern leuchten mit, es ist angenehm warm an den großen Holztischen. Alle Menschen, die bei Benno sitzen, wirken entspannt. Ein weiterer Sympathie-Pluspunkt für diesen Laden, in dem die ganze Zeit ACDC läuft. Ebenso wie die Tatsache, dass „vegetarische und veganische“ Speisen hier kein Problem seien.
Zwar steche ich mit meinem pinken Shirt und dem fehlenden Motorrad ziemlich heraus aus der Gruppe Gäste, die bei meinem Besuch hier sitzt – aber das ist nicht unangenehm. Ich vermute, wenn man kein Nazi, keine Influencerin und grundsätzlich kein Arschloch ist, kann man bei Benno einfach eine gute Zeit haben.
Und mit Blick auf den Rhein, der langsam in immer rosigeres Licht getaucht dahinfließt, endet dieser eindrucksvolle Tag – fast.
Denn ich mache noch einen Abstecher in die Weinberge über Lorchhausen. Dort liegt der Vitiforst vom Kauber Weingut Heilemann, das auf Naturweine spezialisiert ist und auf das ich noch in einem anderen Beitrag zu sprechen komme – genauso wie auf Lorch an sich, deswegen hier nur kurz erwähnt. 🙂
Liebe Grüße und viel Spaß beim Kaub-Entdecken!
Eure Esther