Meilenstein, Katalysator, Multiplikator.

BUGA Interview Sven Stimac Andreas Jöckel

Interview mit BUGA29-Geschäftsführer Sven Stimac und Kommunikationschef Andreas Jöckel

Was kann eine Bundesgartenschau leisten, was nicht? Mit welcher Philosophie gehen die Köpfe der BUGA29 an ihr Projekt heran? Und wieso haben sie sich überhaupt dazu entschieden, Verantwortung für dieses Event zu übernehmen? Sven Stimac, Geschäftsführer der BUGA GmbH, und Andreas Jöckel, Kommunikationschef der BUGA29, über Möglichkeiten, Grenzen und die Frage, wie viel eine Bundesgartenschau mit Blümchenpflanzen zu tun hat.

Sven, du hast bereits für verschiedene Ausstellungsformate und Gartenschauen gearbeitet. Gibt es goldene Regeln für das Gelingen eines solchen Projekts?

Sven Stimac: Wenn ich es auf ein Wort herunterbrechen muss, was es für diese Prozesse braucht, dann ist es das: Beharrlichkeit. Man verfolgt eine eindeutige Vision, aber auf dem Weg dahin gibt es ja viele Unwägbarkeiten. Für jede BUGA werden Teams neu zusammengestellt. Die Umgebung, in der man arbeitet, ist neu. Die Stakeholder, mit denen wir kooperieren, sind neu, müssen überzeugt und bei der Stange gehalten werden.

Was gefällt dir persönlich an dieser Art Arbeit?

Sven Stimac: Dieses immer Neue. Neue Umgebung, neue Menschen, mit denen man arbeitet. Auch der Kontext, in dem man dieses Projekts platziert, ist nie gleich. Diese Abwechslung gefällt mir. Die Freiheit, etwas zu gestalten, ist nirgendwo größer als hier.

Womit hat dich die BUGA29 am Mittelrhein überzeugt? Immerhin ist deine Heimat Lübeck ja ein ganzes Stück weg…

Sven Stimac: Erst einmal habe ich mit meiner Frau gemeinsam herausgefunden, ob die Region zu uns persönlich passt. Gemeinsam sind wir mit dem Fahrrad hier herumgefahren, haben uns alles angeschaut und gesagt: Ja, das gefällt uns. Darüber hinaus war die Herausforderung für mich reizvoll, erstmals eine dezentrale BUGA anzugehen.

Andreas, du bist in der Region zu Hause, warst lange Zeit Journalist bei der RZ. Wie kamst du zum Posten des BUGA-Kommunikationschefs?

Als Lokalredakteur habe ich mich schon lange mit den Themen Welterbe und nach der Bekanntgabe 2015, dass hier eine BUGA geplant ist, auch mit diesem Thema befasst. Ich fand das von Anfang an immer sehr interessant. Und im Jahr 2019 habe ich beschlossen, dass ich gerne mal für so ein Projekt arbeiten möchte, ein Seitenwechsel sozusagen.

Ich werde im Zusammenhang mit der BUGA oft gefragt, ob „dann da am Mittelrhein Blumen gepflanzt“ werden. Viele Menschen scheinen Bundesgartenschauen noch als reine Verschönerungsprojekte zu begreifen…

Sven Stimac: Nun ja, das ist nicht falsch. Das erste Besucherversprechen, das man hat, ist die ‚Gartenschau‘. Das heißt, auch hier gehören Blumen natürlich dazu. Wenn wir hier Parkanlagen entwickeln und gestalten, ist das natürlich eine Verschönerung. Die Besucher einer Gartenschau erwarten, Gärten, Blumen, Pflanzen zu sehen, Inspiration zu bekommen für ihren eigenen Balkon, die eigene Terrasse oder den eigenen Garten. Das andere ist die Regionalentwicklung, diese Orte, die Städte, Parks grüner, erlebbarer zu gestalten und zu entwickeln.

Andreas Jöckel: Also ich greife da vergleichend mal ganz oben ins Regal. Wenn in einer Stadt Olympische Spiele stattfinden oder eine Fußball-WM stattfindet, dann kommen die Besucher zu dieser Veranstaltung wegen des Fußballs oder wegen der Sportveranstaltung. Aber alles, was drumherum passiert, um das Event zu ermöglichen, kommt der Bevölkerung dauerhaft zugute.

Wenn wir von regionaler Entwicklung sprechen, was sind denn die Stärken und was sind die Schwächen von der Region?

Sven Stimac: Eine Schwäche ist die Infrastruktur. Da gab es einige Jahre Stillstand. Der Auftrag, den man sich hier gesetzt hat – und wir sind in dem Kontext so etwas wie ein Meilenstein, Katalysator, Multiplikator – ist die gesamte Teilneuerung in dieser Infrastruktur. Drunter fallen Generalsanierungen der Bahnstrecken, aber auch die Bundesstraßen.

Andreas Jöckel: Du hast als BUGA-Bloggerin ja schon öfter geschrieben, dass dir aufgefallen ist, dass die Menschen hier ihre Region mögen und auch sehr viel darüber wissen. Und trotzdem hat man hier als Besucher oft den Eindruck, dass die Gastgebermentalität fehlt, wie man sie zum Beispiel in klassischen Tourismusregionen wie Tirol hat. Ich denke, da kann Die BUGA ansetzen und motivieren, dass Bewohner, die die Region mögen und kennen, eine Gastgeberrolle einnehmen und die Gäste auch willkommen heißen.

Apropos, Willkommen: Für die BUGA 2029 habt ihr das Motto „Willkommen am Wasser“ gewählt. Warum?

Sven Stimac: Zuallererst ist es uns wichtig, zu vermitteln, dass wir uns freuen, dass unsere Gäste hier sind. Gastfreundschaft ist ein Kernthema der BUGA.

Andreas Jöckel: Es geht da auch um eine ganz grundsätzliche Willkommenskultur. Man denke ans Thema Zuwanderung. Es soll insgesamt eine größere Offenheit entstehen.

Sven Stimac: Und das Thema Wasser haben wir nicht nur im Gedanken an den Rhein gewählt, sondern auch im Hinblick auf die uns bevorstehenden oder bereits eingetretenen Klimaveränderungen. Die Gesundheit der Wälder, der Weinberge – all das hat mit Wasser zu tun. Zudem wird das Wasser von Menschen allgemein als Lebensquell, als etwas Positives wahrgenommen.

Andreas Jöckel: Außerdem ist es ein ganz zentrales Thema für uns, die Menschen wortwörtlich wieder ans Wasser zu bringen, diese trennende Wirkung von Bahn und Bundesstraße ein bisschen aufzuheben und das Leben aus der Innenstadt und vom Rhein her wieder mehr miteinander zu verbinden. Dieses Ziel verfolgen wir sowohl mit den Buga-Parks, aber auch mit der Neugestaltung der Ortsdurchfahrten an einigen Stellen.

Welche Rolle spielt denn der Rhein selber im Rahmen der Buga?

Sven Stimac: Der ist die permanente Kulisse. Jeder Gast, der auf unserem Gelände ist, sieht immer den Rhein.

Der Rhein wird aber durchaus auch als Barriere empfunden. Wie geht ihr damit um?

Andreas Jöckel: Nun ja, einerseits muss man oft Umwege in Kauf nehmen und ist auf die Fähren angewiesen. Das stimmt und das kann man kritisieren. Aber ich arbeite jetzt persönlich seit Jahrzehnten auf beiden Rheinseiten und habe das nie so extrem empfunden. Eine gewisse Barriere ist da auch einfach in den Köpfen.

Im neuen BUGA29-Logo wird auch der Wein als verbindendes Element aufgegriffen. Wie findet er Eingang in die Entwicklungsprojekte der BUGA?

Sven Stimac: Indem wir ihn trinken (lacht). Die Weinberge sind ebenso wie der Rhein eine dauerhafte Kulisse. Die Steillagen sind ein wichtiger Bestandteil dieser Kulturlandschaft.

Andreas Jöckel: Der Mittelrhein ist das kleinste deutsche Weinbaugebiet. Die Qualität ist aber mittlerweile außerordentlich hoch. Hier gibt es in der Vermarktung ein bisschen Nachholbedarf. Und das unterstützen wir natürlich gerne – indem wir auf den Wein explizit im Logo hinweisen, aber auch, indem wir in im Zuge der BUGA vermarkten bei der BUGA anbieten.

Die BUGA ist ja kein reines Tourismusprojekt, sondern soll einen langfristigen Profit für die Bürgerschaft darstellen. Was wünschen sich die Menschen, die hier leben und was davon kann die BUGA erfüllen?

Sven Stimac: Wir als BUGA GmbH haben erst einmal unsere Entwicklungsprojekte. Es geht um die Aufwertung des Freiraums mit Blumenpflanzen, es geht darum, Gemeinschaftsräume grün und ansehnlich zu gestalten. Darum kümmern wir uns. Darüber hinaus gibt es BUGA-Bürgerprojekte, die wir in einem definierten Rahmen unterstützen. Wir als Organisation arbeiten ja auch innerhalb eines definierten Rahmens und innerhalb dessen tun wir, was geht. Aber wir können nicht alle Wünsche erfüllen. Manches liegt in der Verantwortung der Kommunen, manches bei den Bürgern selbst. Wir sind außerhalb unserer eigenen Projekte Unterstützer, keine Umsetzer. Mit der BUGA und den damit einhergehenden Gestaltungsmaßnahmen möchten wir aktivieren und motivieren, dass hier vor Ort auch eigenständig an der Region gearbeitet wird. Im Hinblick auf die langfristige Stadtentwicklung, die hier auch über den Bundesgartenschau-Zeitraum hinausgehen wird, leisten wir Unterstützung. Zuletzt im Rahmen der Umfragen und der Planerwerkstatt in St. Goar und St. Goarshausen.

Andreas Jöckel: Was wir festgestellt haben, ist, dass die Vorstellungen und Erwartungen an die Standorte und deren Entwicklung hier bei Bewohnern und Besuchern identisch sind. Man will Plätze mit Aufenthaltsqualität haben, die schön sind, die Gemeinschaftserleben und Veranstaltungen ermöglichen. Es ist schön, dass das deckungsgleich ist, wenn man sich als Tourismusregion entwickeln will. Und Aufenthaltsqualität zu schaffen, ist ja auch eine unserer Kernaufgaben.

Was erhofft ihr euch selber von der Bundesgartenschau hier?

Sven Stimac: Ein schönes Sommerfest 2029, das Bewohner und Gäste gleichermaßen begeistert und das Besucher motiviert, 2030 wiederzukommen.

Andreas Jöckel: Wenn so eine Veranstaltung erfolgreich ist, stärkt das das Selbstbewusstsein der Menschen vor Ort. Ich erhoffe mir, dass dieser Effekt eintritt und die Leute sehen, dass es funktioniert.

Vielen Dank für das Gespräch!

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