Ich habe schon bei meinem ersten Besuch in Oberwesel von der „anderen“ Seite gehört. Vor allem habe ich sie ja vom Zug aus gesehen und nun gucke ich fast jeden Tag hinüber auf sie, die „andere“ Seite. So nah und doch so fern.
In meiner zweiten Woche machte es plopp. Nicht, dass es einen Vergleich bräuchte, aber dieses Teilungsthema kam mir plötzlich sehr bekannt vor. Ich habe mich schließlich viel mit der Teilung Deutschlands, 1989/90 und dem heutigen Kopfgeteilt zwischen Ost- und Westdeutschland beschäftigt. Und auch wenn der Vergleich an mehreren Stellen hinkt, treffe ich hier im UNESCO Weltkulturerbe Oberes Mittelrheintal auch wieder auf eine Teilung.
Der Rhein ist eine natürliche Grenze, teilt Regionen, Bundesländer, Familien. Im Oberen Mittelrheintal gibt es außer in Koblenz keine Brücke. Auf gut 90 Flusskilometern bis Mainz/Wiesbaden fahren Fähren in Boppard/Filsen, St. Goar/St. Goarshausen, Engelsburg/Kaub, Niederheimbach/Lorch, Bingen/Rüdesheim und Ingelheim/Oestrich-Winkel. Manche kürzer als andere, manche länger. Ich habe schon Geschichten gehört, von Lehrlingen in der Gastronomie, die nachts von ihren Eltern mit dem Auto abgeholt werden müssen, die zig Kilometer fahren, weil die Fähren ab gewissen Uhrzeiten nicht mehr in Betrieb sind. Oder Menschen, die Verwandte auf der anderen Seite schon Jahrzehnte nicht mehr gesehen haben. – Es sei mal dahin gestellt, dass mensch manche Verwandten auch nicht sehen möchte, selbst wenn sie drei Häuser weiter wohnen. –
Und ich? Ich wohne auf Burg Sooneck, also linksrheinisch und habe mich bisher vor allem auf dieser Rheinseite aufgehalten. Warum kann ich nicht wirklich sagen. Einerseits weil ich z.B. Besorgungen schneller in Oberwesel, Bacharach oder Bingen erledigen kann, andererseits bin ich hier auf mehr Veranstaltungen aufmerksam geworden.
Als ich mich dann aber in meiner zweiten Woche mit dem Buga-Mobil auf die Fähre bei Niederheimbach traute, habe ich mich riesig gefreut, meinen Fuß auf die andere Seite zu setzen. Mein Ausflug nach Lorch, Kaub und St. Goarshausen war herrlich. Ich habe mich treiben lassen, die Orte erkundet und die Loreley am Wasser besucht. Natürlich „mache“ ich wieder rüber. Werde Menschen von der „anderen“ Seite treffen und bin gespannt über einen Austausch der „beiden“ Seiten. Von daher freue ich mich auch über Eure Geschichten oder Hinweise, die diese „Seitenthematik“ betrifft und von denen ihr mir gern in Kommentaren, per Mail oder Telefon erzählen könnt. Schließlich trennt der Rhein die beiden Seiten nicht nur, er verbindet sie auch – allein schon kulturhistorisch.
Eine andere Möglichkeit zum Austausch möchte ich an dieser Stelle auch verkünden:
Es wird zwei Kennlerntreffen rechts- sowie linksrheinisch mit mir geben, wo ihr einfach vorbei kommen könnt, wir ins Gespräch kommen und ihr mich auch mit Fragen zum Buga-Bloggerin-Leben löchern könnt.
Am Freitag, 28.07. von 16-19 Uhr bin ich beim Pavillion auf dem Loreley-Plateau (gemeinsam organisiert mit der Loreley Touristik)
und am
Freitag, 04.08. von 15-18 Uhr beim Loreleyblick Maria Ruh (gemeinsam organisiert mit Tourist-Info Hunsrück-Mittelrhein)
Vielleicht ja auch ein guter Anlass mal wieder „rüber“ zu machen?
Das erste Foto mit den beiden Rheinseiten – eine voraus und die andere rückwärts im Autospiegel – finde ich sehr gelungen. Für die Kennenlerntreffen zum geTeilt- Thema wünsche ich viel Erfolg und tolle Gespräche! Annette
🙂 merci! Lieben Dank für die Wünsche!
Der Rhein ist eine Grenze, teilt Regionen, Bundesländer, Familien und weckt Erinnerungen an die Teilung Deutschlands. Was ist das doch für eine schreckliche Behauptung!! Solche Teilungsgrenzen sind von Menschen erstellte Grauenskonstruktionen mit Stacheldraht, Waffen auf beiden Seiten und menschlichen Schicksalen. Überwindung höchst gefährlich und in vielen Fällen nahezu unmöglich.
Der Rhein ist das Schönste, was wir haben, das Obere Mittelrheintal ist mit seiner umgebenden Landschaft einmalig in der Welt hat die UNESCO geurteilt. Wir sind Welterbe, keine Grenzregion!
Wir, die Menschen hier, überwinden auch keine Grenze, wenn wir auf die andere Rheinseite wollen, wir fahren bestenfalls in ein anderes Kulturgut. Gleich, wo wir wohnen, die „anner Seid“ ist immer „de scheel Sick“. Kulturgut, das zu pflegen ist.
Zur Flussquerung gibt es im Welterbe die Fähren in Boppard/Filsen, St. Goar/St. Goarshausen, Engelsburg/Kaub, Niederheimbach/Lorch. Manche fahren kürzer, manche länger. Hier gilt es anzusetzen: Brücken bauen kostet sehr viel Geld. Für die mit einer Mittelrheinbrücke vergleichbare Pfaffendorfer Brücke in Koblenz sind jetzt 180 Millionen Euro genannt. Ist sie fertig, kann sie ohne Gebühren zur Rheinquerung genutzt werden.
Was eine Brücke über den Mittelrhein könnte, praktizieren die vier Fähren im Welterbetal schon lange: Menschen auf die andere Rheinseite bringen. Wir müssen nur endlich daran gehen, sie attraktiver zu gestalten. Mit einem Bruchteil der Investitions- und Folgekosten für eine Brücke könnten auch unsere Fähren die Menschen und Fahrzeuge gebührenfrei übersetzen. Die Fährzeiten wären an den Nutzungsbedarf anzupassen und schon haben wir vier attraktive und welterbetaugliche Rheinquerungen anstatt einer einzigen dann verbleibenden Brücke.
Zitat: „Ich habe schon Geschichten gehört, von Lehrlingen in der Gastronomie, die nachts von ihren Eltern mit dem Auto abgeholt werden müssen, die zig Kilometer fahren, weil die Fähren ab gewissen Uhrzeiten nicht mehr in Betrieb sind“.
Ich frage mich jetzt schon, wie zum Beispiel die Schüler von der linken Rheinseite nach dem Bau einer Brücke den dann täglich etwa 15 Kilometer langen Schulweg zum Gymnasium in St. Goarshausen und zurück bewältigen werden. Jetzt gehen sie die paar Meter einfach zu Fuß.
Klaus aus Boppard
Herzlichen Dank für Ihren ausführlichen Kommentar und die entstehende Diskussion. Mir ging es in erster Linie darum, meinen Eindruck sowie Meinungen/Erzählungen von Talbewohner*innen zu teilen und da ich mich mit dem Thema Teilung bereits beschäftigt habe, kam dieser Teilungsgedanke bzw. Vergleich zustande, nicht weil ich das UNESO Weltkulturerbe Oberes Mittelrheintal mit der blutigen Grenze DDR/BRD vergleichen möchte. Wie im Text geschrieben ging es mir viel mehr um die Grenze im Kopf, die nachweislich z.B. eben zwischen Ost- und Westdeutschland nach wie vor in vielen Köpfen besteht und diesen Eindruck einer Kopfgrenze habe ich auch hier im Tal gewonnen – natürlich nicht ausschließlich. Ich schrieb ja auch, dass der Vergleich hinkt, aber diese Kopfteilung hat ja diverse Gründe: bei Ost und West ist da vor allem die Geschichte zu betrachten und hier im Tal haben wir quasi die natürlich Grenze des Rheins, der eben überwunden werden muss. In der Theorie erscheint mir das durch die Fähren auch nicht so aufwändig, aber in der Praxis fahren dann doch nicht so viele „rüber“. Die jahrzehntelange Diskussion um den Bau der Brücke ist für mich da nochmal ein anderes Thema, was Sie als Einheimischer für sich sowieso besser beurteilen können. Nur von außen betrachtet, kann ich mir nicht vorstellen, dass durch einen Brückenbau alle Fähren einpacken müssten. Schließlich liegen da bis zur nächsten Brücke wieder so einige Kilometer. Das Beispiel mit den Schulkindern finde ich sehr wichtig, denn die Fähre zwischen St. Goarshausen/St. Goar würde ja sicherlich der Brücke weichen. Ich als Talneuling bin da vor allem am Zuhören und stehe bei der verzwickten Brückenbaugeschichte auf keiner Seite.
Den Rhein als natürliche Grenze immer wieder zu überwinden, ist m.E.
ein bewußter Umgang damit. Während meines Berufsleben war ich fast 20 Jahre mit Außendienst überwiegend auf der rechten Rheinseite zwischen Lahnstein-Kaub tätig. In meiner Freizeit habe ich stets Kontakte zu beiden Rheinseiten gepflegt und auch die jeweiligen, dortigen Angebote „genutzt“.
Egal ob Kultur, Gastronomie oder die tollen Wandermöglichkeiten auf rechter oder linker Seite des Rheins und seinen umgebenden Mittelgebirgen, es ist möglich.
Die Region bietet eine unglaubliche Abwechslung zum Wandern in wunderschöner Natur. Egal ob Rheinsteig, Rhein-Burgenweg, Traumpfade, Rheinschleifen etc. Die Auswahl ist nahezu unerschöpflich.
Mit den Bahn- und Fährverbindungen und dem Bilden von Fahrgemeinschaften lassen sich die beiden Seiten des Rhein gut verbinden. Einfach machen!
Danke für ihr Beispiel und Plädoyer! Einfach machen, ist ja auch in anderen Lebensbereichen oft eine gute Wahl wie mir scheint! Aber gar nicht immer so leicht umsetzbar. Ich würde mich freuen, Sie am Freitag beim Kennlerntreffen bei Maria Ruh weiter zu sprechen. Viele Grüße!
Freitag, 04.08.2023 Maria Ruh klappt nicht.
War Freitag, 28.07.2023 zum Kennenlerngespräch
am Besucherzentrum Loreley als quasi
„Abordnung“ – Wanderfrauen im Mittelrheintal.
Mit Hinweis auf Wandertermin Rheingau: September 2023.
Danke 🙂 ja das war ein netter Besuch. Freue mich schon auf das gemeinsame Wandern!