Spaziergang zu Osterspai im Herbste

Etwas, was ich am Tal und meinem Job als Buga-Bloggerin besonders liebe? Zeit spontan wo anzuhalten und mich treiben zu lassen. So parke ich am letzten Tag des Oktobers in Osterspai am Rheine, rechtsrheinisch zwischen Kamp-Bornhofen und Braubach gelegen. Die Sonne zeigt sich, lässt die gelben Weinberge auf der anderen Rheinseite golden leuchten und ich schlenderte am Ufer entlang. Gucke gebannt auf die Vögel, die sich auf dem Naturschutzgebiet der Insel tummeln. Die Rosen blühen immer noch und unter dem Walnussbaum finde ich ganz unerwartet noch zahlreiche Nüsse. Zum Glück habe ich meine Tasche dabei.

Gefühlt konnte ich den Herbst noch nicht richtig fassen. Er kam durch die nassen Wochen im Juli und August spät dieses Jahr. Und nun treibt der viele Regen ihn außerdem schnell voran. Umso schöner einmal auf der Bank zu sitzen und den Ausblick auf das bunter werdende Tal zu genießen. Ich mag diese grüne Wiese hier am Rhein und den ungewohnten Blick auf Campingplatz und seichte Weinberge.

Nach einigem Innehalten treibt es mich aber weiter, das Örtchen erkunden. Ich laufe zur Kirche, die geöffnet ist. Zünde eine Kerze an, wie immer, wenn es möglich ist. Die Welt kann es gebrauchen und ich natürlich auch. Beim Hinausgehen entdecke ich in einer Reihe Telefonhörer, an den Sitzbänken montiert. Wofür diese wohl gedacht sind? Für schwerhörige Menschen oder gibt es bei jedem Gottesdienst eine Live-Übersetzung?

Ich schlendere weiter durch die Gässchen, begutachte hübsche Fachwerkhäuser und versuche mir vorzustellen, wie es wohl ist, hier zu leben. Behutsam, gemütlich stelle ich es mir vor. Es gibt Platz zum Entfalten, nur der Leerstand drückt aufs Gemüt. Der Landgasthof Liebeneck sucht beispielsweise neue Pächter*innen. Chance Leerstand? Ich entdecke eine Art Kiosk und hoffe ein paar Besorgungen machen zu können. Drinnen fühle ich mich wie in einer anderen Zeit. Auf der einen Seite gibt es einen kleinen Laden, auf der anderen einen alten Friseursalon. Die Regale sind gut sortiert und unaufgeregt, es gibt einige Drogerieprodukte, kleine Flaschen Wasser und Brause und ein paar Schokoriegel. Ich begrüße die Frau hinter dem Holzdresen, deren Alter ich über 80 Jahre schätze. Frage nach Kontaktlinsenflüssigkeit. Sie fragt, was das genau sei und ob ich so etwas normalerweise in der Apotheke kaufe.

Ihre Worte und ihr Auftreten rühren mich, ich möchte gern mehr von ihr erfahren. Suche aber stattdessen erstmal einen Schokoriegel und eine Flasche Wasser aus, die ich ihr zum Bezahlen gebe. Sie wohne schon 60 Jahre in Osterspai, sei damals hier kleben geblieben, erzählt sie mir zurückhaltend, nachdem ich verlegen frage, ob sie hier auch lebt. „Ein schöner Ort, nicht wahr?“, fragt sie mich. Wir kommen beide ins Schwärmen über das Rheinufer und den Blick, das Fachwerk. Sie möchte wissen, ob ich Touristin sei. „So halb“, sage ich und erzähle vom Buga-Blog, reiche ihr ein Kärtchen von mir. Ohne Brille kann sie es aber nicht lesen. Auf Nachfrage schreibt sie mir auch ihre Nummer auf eine Karte. „Vielleicht komme ich für einen Friseurbesuch zurück“, sage ich und bedanke mich herzlich.

Alte Burg

Ich blicke zurück auf das Haus, überlege, ob sie dort wohl alleine wohnt? Wie viele Menschen zu ihr kommen? Wie es ihr geht?

Dann laufe ich die Straße weiter. Mir begegnen verkleidete Kinder – klar, es ist schließlich Halloween – und auch einige Häuser sind dekoriert. Spannend wie schnell sich dieses Fest verbreitet hat, als ich Kind war, haben wir jedenfalls kein Halloween gefeiert. Nun gibt`s Süßes oder Saures auch hier in Osterspai. Mich zieht es zurück an den Rhein.

An einem Haus lese ich noch: „Der größte Reichtum der Menschen ist die Fähigkeit einander glücklich zu machen.“

3 Kommentare

  1. sehr schöne Bilder, Burgenbloggerin! Danke. Ich kenne den Rhein ziemlich gut, bin aber an Osterspai immer nur zwischen Boppard und Koblenz vorbei gefahren. Das war jetzt ein richtiges Erlebnis.

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