Es ist Ende Juli und ich schlendere zum ersten Mal durch Braubach. Ein Schaufenster stilvoll mit feiner Keramik dekoriert, fällt mir ins Auge. Ich betrete Emscher Art – Sandra Emschermanns Laden/Atelier/Wohlfühlraum – zum ersten Mal, schaue mich um und komme mit ihr ins Gespräch. Sandra verkauft nicht nur ihre eigene Keramik, sondern bietet auch Töpferkurse an. Sie erzählt mir, dass sie ihren Laden vor zwei Jahren eröffnet hat und seitdem viel positive Resonanz von Einheimischen und Tourist*innen erfährt. Oft kommen die Menschen vorbei, grüßen beim Vorbeigehen oder treten ein für einen kleinen Plausch, es wird zusammen Keramik bemalt oder Sandra hilft den Bauarbeitern mit Geschenkpapier aus.
Wir tauschen unsere Kontakte aus und ich schaue Mitte September mit Kamera und Aufnahmegerät wieder bei ihr vorbei. Diesmal darf ich sie bei ihrer Arbeit an der Töpferscheibe beobachten. So entsteht die Idee, dass ich einmal selber einen Töpferkurs mit mache. Aber dazu später mehr. Wir setzen uns mit Cappuccino gemütlich an den Tisch und Sandra erzählt mir mit ihrer ansteckend freudigen Art von ihrem Weg zur Keramikerin, wie sie gerade in der Coronazeit den Mut fasste Emscher Art in Braubach zu eröffnen und welche neuen Projekte anstehen. Viel Freude beim Lauschen!
Mitte Dezember ist es dann endlich so weit und ich besuche Sandra erneut. Dieses Mal darf ich an die Drehscheibe. Aber zuerst bestaune ich die Tonarbeiten ihrer Kursteilnehmenden, die kleine Gefäße, Gespenster oder Untersetzer mit der Hand oder an der Drehscheibe getöpfert haben. Die Drehscheibe ist sozusagen die Königsdisziplin der Keramiker*innen. Deshalb gibt es von Sandra auch erstmal eine Einweisung. Sie zeigt mir die drei Tonsorten ohne Schamotte von Carl Jäger ein paar Kilometer weiter aus Hilgert, die sie verwendet: Weißen, schwarzen und beigen Ton, wobei letzterer am einfachsten zu bearbeiten ist. Sandra schneidet ein Stück Ton ab und wiegt es. Es muss schließlich so viel Ton da sein, dass es für die geplante Keramik auch reicht. Für eine Tasse sind das in etwa 300 Gramm. Nun formen wir Kugeln aus dem Ton und ab gehts an die Töpferscheibe.
Sandra zeigt mir erstmal wie das Ganze funktioniert :
Der Tonklumpen muss genau in der Mitte der Drehscheibe mit Wucht platziert und angedrückt werden. Nun schmeißt Sandra den Motor an und nimmt Wasser, um den Ton zu befeuchten. Im ersten Schritt, der Wichtigste wohlgemerkt, geht es darum den Ton zu zentrieren, ansonsten wird das Gefäß später schief werden. Dafür muss die Tonmasse hoch und runter bewegt werden. Das Zentrieren ist wirklich Millimeterarbeit und Sandra meint „das könntest du schon ein Jahr lang üben.“ Als ich selbst an der Scheibe sitze, glaube ich ihr das sofort. Ich merke zwar nach ein paar Versuchen, dass es „leiert“, aber wo ich nun zum Ausgleich drücken muss, bleibt mir ein Rätsel. Zum Glück hilft mir Sandra immer wieder, es zu lösen.
Nach dem Zentrieren kann der Ton mit dem Zeigefinger gebrochen werden und nun eine Form erhalten. Bei Sandra sieht das natürlich alles ganz leicht aus. Meine ersten zwei Versuche scheitern und die Wand bricht. Der Ton wird zum Glück nicht einfach weggeschmissen, sondern in einen Behälter getan, wo ihn Sandra sammelt und zu gegebener Zeit durchs Pressen wieder brauchbar macht.
Als ich zum dritten Mal den zentrierten Ton öffne, habe ich Angst, dass der Rand wieder bricht. So entsteht eine kleine Schale, mit niedrigem Rand. Aber hey, das Gefäß ist ganz! Beim nächsten Mal werde ich da schon mutiger. Überhaupt ist das Arbeiten mit Ton wirklich eine beruhigende Sache, ich merke wie Aufregung und Stress von mir abfallen und meine Neugierde auf das nächste Gefäß wächst. Natürlich ist mir auch klar, dass ich mich als Anfängerin nicht mit Sandras Keramikkünsten vergleichen kann, aber mein Ehrgeiz ist geweckt und so bin ich stolz das letzte Gefäß fast ohne ihre Hilfe entstehen zu lassen. Es wird zwar schief, aber ich erkenne darin einen Weinbecher (täglich grüßt der Mittelrhein!) oder doch eher eine Eisschale? Die größeren Gefäße lassen wir zum Trocknen auf der Drehscheibe, trennen sie aber mit einem feinen Draht vom Boden ab. Da stehen sie nun neben den anderen Kunstwerken. Töpfern macht übrigens „süchtig“, ich könnte noch ein paar Stunden weiter machen, aber so langsam muss sich Sandra wieder dem Päckchenpacken und Aufträge erfüllen widmen. Kurz vor Weihnachten ist schließlich Einiges los.
Entspannt und fröhlich verlasse ich nach gut drei Stunden Sandras Laden und bin sehr froh, diesen Workshop noch vor meinen Umzug gemacht zu haben! Am nächsten Tag wird Sandra die nun lederharten Gefäße nochmal ausformen und ihnen den Feinschliff an der Drehscheibe geben, dann werde sie das erste Mal gebrannt. Ich werde im Januar wieder kommen, um sie noch zu glasieren. Den Ton spüre ich noch zwischen meinen Händen und vor meinen Augen dreht sich die Scheibe, während ich am Ufer des Rheins das Hochwasser betrachte. Danke Sandra für diese schöne Erfahrung!
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