2 Monate am Mittelrhein

Was ich gelernt habe

Nun habe ich schon den zweiten Monat im Welterbe voll gemacht und kann gar nicht glauben, dass ein Drittel meiner Zeit hier schon vorbei ist. Die Eindrücke werden immer mehr, und während sich manches in mir schon ordnet, schwirrt anderes noch wie ein wilder Schwarm Informationsbienen in meinem Kopf herum. Aber Eile mit Weile…

Alles in allem kann ich sagen: Die Region setzt sich für mich immer mehr zusammen. Und wird mir dabei immer mehr heimisch. Das ist eine tolle Entwicklung für das Ziel, das ich mir für die Arbeit hier gesteckt hatte. Denn nachdem ich zwischendurch ein bisschen Panik bekommen habe, dass ich den Faden verliere, kann ich jetzt sagen:
Meine Herangehensweise hat sich verändert und ist doch im Kern gleichgeblieben. Hier und da mache ich Abstriche (aber keine Einbußen), an anderen Stellen wachsen Bereiche hinzu, die ich als Neuling noch nicht auf dem Schirm hatte. Es ist schön, dass sich das Themen-Patchwork in meinem Kopf mehr und mehr zu einem erkennbaren Bild zusammensetzt, und ich weiß, womit ich am Ende aus der Zeit hier rausgehen will.

Auch in den letzten Wochen hier habe ich einiges gelernt, auch Dinge, die ich so niemals erwartet hätte. Hier kommt wieder eine kleine Erkenntnissammlung.

Was ich in meinem zweiten Monat am Mittelrhein gelernt habe:

  1. Man sollte immer (!) Wasser einpacken.
    Du weißt nie, wie schnell du einen Supermarkt oder ein Büdchen findest. Oft sind sie kilometerweit entfernt, und gerade bei einem 36-Grad-Sommer wie diesem kann das schnell brenzlig werden. Gleiches gilt übrigens für Snacks.
  2. Wenn es Marmeladen oder andere gute Dinge am Wegesrand zu kaufen gibt, sollte man was mitnehmen.
    Leckere lokale Produkte aus kleiner Herstellung gibt es leider so selten – da lohnt es sich, zuzugreifen und die Menschen, die sich noch die Zeit nehmen zum Einkochen und Einlegen, mit einem kleinen Obolus zu unterstützen. Daraus leitet sich ab:
  3. Es lohnt sich, lokale Spezialitäten zu probieren.
    Soweit mit der eigenen Ernährungsform vereinbar, sollte jede*r Besucher*in hier die lokalen Spezialitäten testen. Sie sind in der Regel köstlich. Spundekäs? Großartig. Tresterbrand? Kann es easy mit dem Grappa beim Lieblings-Italiener aufnehmen. Loreleyfelsen aus Rum-Buttercreme, Mürbeteig und Fettglasur? Sieht nicht nur witzig aus, ist auch eine Kalorienbombe, die sich lohnt. Gleiches gilt für den Rüdesheimer Kaffee. Kirsch- und Obsterzeugnisse? Je nach Verarbeitungsform vielleicht die gesündere Alternative zur Fettglasur-Süßware. Generell sollte man in der Saison unbedingt regionales Obst kaufen, am besten direkt bei den Erzeuger*innen oder auf dem Markt. Vom Wein fange ich hier gar nicht an, das Loblied nähme kein Ende.
  4. Festes Schuhwerk. Always.
    Wer Zeit hat und sich gerne bewegt, sollte pro forma feste Schuhe dabei oder direkt anhaben. Wenn schon keine Wander-, dann zumindest Turnschuhe. Denn spontane Ausflüge zu Fuß bieten sich an, wenn die Sonne lockt und kleine verheißungsvolle Wege die Neugier pieksen. Wer dann aber (wie ich) mit Sandalen und zwei Gläsern Marmelade (siehe Punkt 2) in der Hand auf dem Rheinsteig landet und steile Passagen laufen muss, wird sich ärgern, bei der Outfit-Wahl auf luftige Zehen gesetzt zu haben.
  5. Die Einheimischen kennen sich verdammt gut aus in ihrer Region.
    Es lohnt sich also immer, ins Gespräch zu kommen. Von kleinen Lokalgeschichten, Bräuchen und Persönlichkeiten erfährt man oft nur auf diese Weise.
  6. Es lohnt sich, die Nase ins lokale Brauchtum zu stecken!
    Weingeschwängerte Schunkel-Seeligkeit auf der Kerb?
    Uralte Hansen-Rituale in den Mauern einer Burg? Wer den Mittelrhein besucht und einer Brauchtumsveranstaltung begegnet, sollte sich das nicht entgehen lassen. Es macht überraschend viel Spaß (sage ich als Schützenfest- und Karnevals-Muffel). Das liegt auch an der Gastfreundschaft der hier lebenden Menschen. Man wird schnell „adoptiert“ und fühlt sich nie allein.
  7. Wer es schön haben will, muss Sichtbarrieren überwinden.
    Auffälligstes Beispiel: Die Rheinufer. Man darf sich nicht von der B9 und den Parkplätzen abschrecken lassen, die in einem großen Teil der Ortschaften Innenstadt und Uferbereich trennen. Gerade die Parkplätze verdecken oftmals die Sicht auf die dahinterliegende Aufenthaltsqualität. Also: Lauf bis ans Wasser. Hinter den Autos liegt das Paradies! Da warten dann Wiesen mit Liege- und Sitzbänken, Spielplätze, Schirme und Skulpturen, abgesehen von den Weinständen, die das Innehalten kulinarisch ergänzen. Ebenso lohnt es sich, durch die kleinen Bahndamm-Durchgänge zu gehen, die es hier an vielen Stellen gibt. Dahinter verbergen sich nicht selten sehr schöne Wanderwege.

Photodump:

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