Burg Sooneck – Abschied von meiner Burg

Es sind schon zwei Wochen her, dass ich ausgezogen bin – aus meiner Burg. Burg Sooneck. Es war der 2. November, der erste Tag der Winterpause und damit blieb das Burgtor für Besucher*innen geschlossen. Der Wind pfiff ums Gemäuer und es regnete leicht.

Burg Sooneck wollte mich nicht gehen lassen. Während ich das Buga-Mobil bepackte, knallte das Tor zu. War verhakt. Die Schlüssel hatte ich mit, nicht aber mein Telefon und das Burgtor wollte einfach nicht aufgehen. Was nun? Ich klingelte mit der kleinen Glocke am Eingang, hupte mit dem Auto, aber Klaus Collerius, der tief in der Burg sein Büro hat, hörte mich nicht. Ich kletterte über das Holztor und ging den Weg an der linken Seite der Burg entlang. Da oben waren die Fenster von Klaus Büro. Ich sammelte kleine Steinchen und wollte wie im Film, ans Fenster werfen, damit Klaus hinaus schaute. So hoch kam ich aber gar nicht. Mist.

Langsam verließ mich meine Zuversicht: Halb verzweifelt, halb belustigt, rief ich, so laut es eben ging: “Klaus! Klaus!”

Wie ihr Euch denken könnt, nahm die Geschichte ein gutes Ende. Klaus sah nach einiger Zeit aus dem Fenster, als ich mich gerade wieder ans Steine werfen machte und rief: “Was machst Du denn da?” Erleichtert schrie ich ihm zu, dass das Burgtor nicht mehr aufginge. Kurze Zeit später öffnete er mir das Tor und wir mussten erstmal herzlich lachen. Klaus hatte mein Rufen für das Miauen einer Katze gehalten. Das nahm ich gern in Kauf, Hauptsache nicht mehr ausgesperrt sein!

Tatsächlich kam gut eine Dreiviertel Stunde später auch Cora Hecher samt Helfern, um die Burg “winterfest” zu machen, aber das hatte mein ausgesperrtes Ich nicht gewusst. Nach vielen Stufen und Habseligkeiten herumtragen, kam der Moment. Ich ging mit Klaus durch die leeren Zimmer und schloss die Tür zu meiner Burgenwohnung. Glücklicherweise gab es noch einen Abschiedskaffee mit Klaus, Cora und ihrer Crew. Dann hieß es aber “Auf Wiedersehen”- Sagen und ich schritt zum Auto. Natürlich schaute ich sie mir nochmal lange von außen an, meine Burg, fuhr los, bis ich sie im Spiegel nicht mehr sehen konnte.

Filmgedicht für Burg Sooneck

Wie die Zeit vergeht

Ich habe mich schon kurz nach meinem Auszug an den LapTop gesetzt und wollte von mir und meinem Burgabschied berichten. Aber irgendwie war ich noch nicht bereit. Es flutschte nicht. Vielleicht auch, weil ich gar nicht daran denken wollte und auch genug Ablenkung in Koblenz und Umgebung hatte? Ich wollte herrlich philosophieren über die Zeit auf Burg Sooneck und die passenden Worte dafür finden, wie es ist auf einer Burg zu leben. Aber diese Vielfalt an Gefühl und Erfahrung lässt sich eben nicht einfach mit ein paar Worten beschreiben.

Blick ans Fenster, über es hinaus, durch es hindurch. Alles ist weiß da draußen, nein strahlend blauer Himmel und ich sehe grün, gelb und rot auf der anderen Seite. Ja, von meinem Bett aus kann ich nach draußen sehen. Manchmal den Mond, dann wieder den Nebel. Manchmal ist dieser Anblick der Grund sich nochmal im Bett umzudrehen. Derweil heult der Wind um den Südturm. Oder es zwitschern die Vögel und ich trete begeistert ans Fenster und bestaune die Aussicht. Am Wochenende sind auch gerne Kinder zu hören, beim Kindergeburtstag auf Burg Sooneck geht es hoch her. Tauziehen, Schatzsuche oder Ritterkämpfe.  

Ob mit T-Shirt oder Mantel: Wann immer es geht frühstücke ich draußen beim Pavillon mit dem herrlichsten Blick auf die Toteninsel, Lorch und Niederheimbach. Ich könnte ewig so sitzen, den Blick nicht abwenden, aber oft habe ich die Ruhe nicht. Ziehe weiter an den Rechner oder zu einem Termin.

Meine letzte Erinnerung vor dem Umzugsfinale? Ich stehe da und schaue wie die Dunkelheit sich einfindet, die Lichter am Rhein strahlen hinauf und die Burg wird zu einem einzigen Umriss vor dem dunkelblauen Himmel. Es könnte bedrohlich aussehen oder Angst machen, aber die Burg ängstigt mich schon lange nicht mehr. Sie ist mein Zuhause geworden, meine Festung, mein Wohlfühlort, der mich so nimmt wie ich bin, der schon so viel gesehen hat und nicht mehr fragt. Die Wände geben Sicherheit und der Blick in die Weite lässt mich frei fühlen. 

Die Burg ist jedem Wetter ausgesetzt. Die Sonne prasselt von allen Seiten auf den Südturm. Der Regen schlägt je nach Wind an die Fenster, verschafft sich gar seinen Weg nach innen. Es kann ungemütlich werden auf der Burg, wie in den letzten Tagen, wo es nur so stürmt und regnet. Aber trotzdem hilft ein Blick aus dem Fenster, ein warmes Getränk oder herzlicher Besuch. Ich erinnere mich an den ersten Kaffee mit Klaus noch ohne Kaffeemaschine und wie ich den Kaffeesatz mit einem Sieb versucht habe zu beseitigen. Ich erinnere mich an meine Familie und Freundinnen, die mich hier besucht haben, an Eierkuchenbacken mit meinen Nichten, gute Gespräche bei Wein und ich erinnere mich an neu gewonnene Freund*innen aus dem Tal, mit denen ich auf der Burg zusammen saß. Nicht zuletzt die Burgenlesung mit Klampfe und Gesang gemeinsam mit Friedemann Mosler Anfang Oktober bei herrlichem Herbstwetter.

Abends, wenn die Gäste das Burgtor passiert haben, wenn Museum und Tor von Steffi, Angelika, Anne, Sylvia, Dagmar oder Sandra verschlossen worden sind, bin ich allein. Allein mit mir. Ich durchstreife die kleinen Wege, schaue auf den Rhein, auf die Hartsteinwerke, die großen Maschinen, die von der Burg wie Spielzeuge aussehen. Ich begrüße die Fledermäuse und erinnere mich noch gut an einen Siebenschläfer, der gerade die Wand zur Hauptburg hinaufspazieren wollte, als ich ankam, ihn sah und unsere Blicke uns trafen, ehe wir beide erschrocken weiter gingen. 

Die Erinnerungen machen mich froh, auch traurig, aber es ist bald wie am Anfang meiner Zeit, alles verschwimmt wieder zu einem Traum gar zur Unwirklichkeit. Habe ich wirklich auf Burg Sooneck gelebt? Ja, habe ich. Viereinhalb Monate. Noch zögere ich vor einem Besuch, aber ich weiß, dass ich sie wieder sehen werde.

8 Kommentare

  1. Umwerfend, besonders das Filmgedicht! Die Burg hoch überm Rhein hat Dich gepackt, liebe BugaBloggerin, und wird immer in Deinem Herzen bleiben. Und mit ihr die Menschen drum herum. So soll es sein, das Leben, Erleben … Danke und bleib so empathisch und achtsam und liebenswert!

  2. Hallo liebe Bugabloggerin, traurig aber schön – Beitrag und Filmgedicht – wie es im Leben so ist!
    Ich warte gespannt auf Weiteres!
    Sei gegrüßt von Elli

  3. Danke für diesen tollen Beitrag. Man spürt die Emotionen; Abschiedsstimmung, Dankbarkeit für den Aufenthalt, Lob für die angetroffen Menschen, die geschichtsbefrachtete Baulichkeit, die zur Phantasie anregenden Stimmungen(Julia). Man hat das Gefühl eines “erfüllten” Abschieds. Und wie Ousama die Klampfe spielt,toll. Marie ist ein bemerkenswerter Beitrag gelungen.
    Danke für den sonntäglichen Trip an den Rhein.

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